Ein IOR Klassiker
Zubringerregatta BREMERHAVEN - HELGOLAND
Beinahe das spannendste an dieser ersten Wettfahrt unserer NORDSEEWOCHE war, ob es Erhard gelingen würde, rechtzeitig an Bord zu kommen. Er reiste direkt aus St. Malo von seinem vorherigen Segeleinsatz an und strandete - leider erwartungsgemäß - in Zugverspätungen und verpassten Anschlüssen, so dass er es nicht mehr am Freitag schaffte und eine lange Nacht in teils rollenden, teils stehen Zügen verbrachte. Aber ein guter Skatspieler hat nie mehr als er braucht, und so gelangte Erhard exakt 15 Minuten vorm Ablegen am Samstagmorgen zur Schleuse um kurz vor 08:00 Uhr an Bord, zusammen mit den frischen Brötchen, die wir auch noch in der Lloyd-Marina in Empfang nehmen konnte.
Für die Wettfahrt war wieder wenig Wind in der Vorhersage, und für unseren Geschmack erschien auch die Beteiligung zu gering. Nur sechs Yachten hatten aus Bremerhaven gemeldet, einige Bremerhavener hatten wohl schon den "Early Bird" als Zubringerregatta ab Cuxhaven am Freitagabend gewählt, dennoch meinem Eindrucke nach insgesamt (zu) wenig Präsenz aus Bremerhaven für so ein Event.
Die sechs Starter wurden dann in zwei Gruppen à drei Boote aufgeteilt (ORCC D einerseits und ORCi A/B und ORCC C andererseits), mit SNIFIX als deutlich größtes Boot in der Gruppe ORCi A/B bzw. ORCC C. Unter diesen Bedingungen war zu erwarten, dass wir zumindest "Line Honours" nach vorn fahren würden - aber weit gefehlt.
Der Start war mit Rücksicht auf die schwache Wndvorhersage schon bei der Steuermannsbesprechung am Freitagabend zeitlich vorverlegt worden und räumlich von seinem traditionellen Ort vor der Seebäderkaje weiter stromabwärts ans Ende der Containerkaje, in der Hoffnung dort frei von den großen Dampfern besseren Wind zu finden. Als sich das kleine Feld dort versammelte, war es aber weiterhin sehr flau und so wurde die Losung ausgegeben, gemeinsam mit dem Startschiff weiter stromabwärts zu motoren, um im Tiden- und Zeitfenster für die Wettfahrt zu bleiben, und die Startlinie zu markieren, wenn sich ein zum Segeln ausreichender Zug einstellt.
Das war dann schon recht weit draußen auf der Außenweser der Fall, und wir starteten um 11:30 Uhr bei 8-9 kn Wind aus NE einen Anlieger mit weiter ablaufendem Wasser die Weser hinaus. Schon hier zeigte sich aber, dass SNIFIX unter diesen Bedingungen das Tempo der brandneuen leichten KEENA (ein spannendes One off-Design von Judel/Vrolijk/Mathias Bröker, gebaut bei Greenboats) nicht, und mit ZAPPALOTTE und VOLLGUT, obgleich beide Boote mit rd. 10 m LOA spürbar kleiner als SNIFIX (LOA 13m), nur in etwa mithalten konnte. Mit etwas mehr Wind zogen wir leicht davon, flaute es etwas ab, waren die anderen wieder da.
Später ab NORDERGRÜNDE drehte der Wind etwas zurück und wurde konstanter, der Weg zum roten Felsen wurde zu einer Kreuz bei etwa 9 kn TWS bei schönen Bedingungen ohne Welle. Jetzt wurde es interessanter und unübersichtlicher. KEENA wählte ihre Schläge auf der rechten Seite weiter östlich, blieb aber offenbar weiter voraus. SNIFIX machte unter der G2 gute Fahrt und schöne Höhe, allerdings sind wir bei diesem Wind mit der G2 noch etwas untertakelt
ZAPPALOTTE hingegen wählte die linke Seite. Da sie sich immer weiter nach Westen von uns entfernte, lief sie offenbar weniger Höhe als wir, was auch unsere AIS-Beobachtungen bestätigten. Wir liefen im Zentrum zwischen beiden mehr Höhe als ZAPPALOTTE und es entstand über die Strecke dadurch der Anschein, dass wir vor ihr lägen. VOLLGUT fuhr etwa wie wir im Zentrum, war jetzt bei dem etwas konstanteren und frischeren Wind aber langsamer als SNIFIX.
Als wir schließlich auf Backbordbug zur Tonne 1 des Helgoländer Fahrwassers zielten, waren wir dann doch einigermaßen überrascht, dass es ZAPPALOTTE mit ihren tieferen Schlägen westlich von uns gelungen war, uns in Lee zu überholen und ihre geringere Höhe am Wind durch mehr Fahrt überzukompensieren, Sie erzielt ihre beste Luvgeschwindigkeit offenbar bei tieferen Kursen als wir, denn wir hatten stets mit Blick auf unsere VMG gesteuert. ZAPPALOTTE zog jetzt auf Steuerbordbug mit zügiger Fahrt heran und kreuzte unsere Kiellinie deutlich voraus. Auch für KEENA ging es fein aus, Obgleich wir den Eindruck hatten, sie hätte mehr Weg nach Luv gemacht, als erforderlich. gelang ihr der Erfolg der ersten Ankunft unserer Wettfahrt, ZAPPALOTTE dann als zweite und SNIFIX "Line Honours" auf Platz 3. In unserer Gruppe waren wir damit zugleich Dritte aber eben auch letzte, gewertet nach APH für alle sechs Starter reichte es zum Platz 5 von 6.
Aus dem flauen Beginn und der dadurch bedingten Startverzögerung und Streckenverkürzung hatte sich noch ein schöner Segeltag mit einer spannenden Wettfahrt entwickelt, und in Helgoland fanden wir einen Liegeplatz längsseits der schönen X-43 ABACUS aus Hamburg als 14. Boot im Päckchen. Zum Bierchen an Land über 26 Zäune zu klettern, hält ja auch jung. Bei anhaltend östlichem Wind war das Liegen in so großen Päckchen dieses Jahr aber kein Problem,
Touristisch schloss sich dann nach dem Einlaufbier rasch ein Spaziergang aufs Oberland an, um den Blick noch bei schönem Sonnenlicht zu haben, denn unser Erhard, obgleich ein lange und weitgereister Fahrensmann, war noch nie auf Helgoland, und da war es natürlich Pflicht, die Gelegenheit zu diesem Ausblick zu ergreifen. Kulinarisch wandten wir uns dann nur noch dem Angebot vor dem Festzelt der NORDSEEWOCHE am Hafen zu und hatten schließlich noch einen moderaten Absacker an Bord, denn am Morgen ging es mit Steuermannsbesprechung zum RUND HELGOLAND früh um 07:30 los.